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Was ist ein Arbeitsmarkt-Ökosystem?
Ein Arbeitsmarkt-Ökosystem ist ein dynamisches Netzwerk, das Arbeitgeber, Arbeitnehmende, Bildungseinrichtungen, staatliche Einrichtungen und andere Akteur/innen miteinander verbindet. Dieses System fördert den Austausch von Informationen, Skills und Ressourcen, um den Arbeitsmarkt effizienter und anpassungsfähiger zu gestalten.
Akteur:innen des Arbeitsmarkt-Ökosystems
- Arbeitnehmende
- Freelancer/innen
- Arbeitgeber
- Bildungseinrichtungen
- Weiterbildungsanbieter
- Regierungsbehörden, z.B. SECO
- Staatliche Organisationen, z.B. RAV, IV, Berufsbildungsamt
- Integrative Organisationen
- Personalvermittlungen und Headhunter
- Jobplattformen
- Gewerkschaften / Arbeitnehmerverbände
- Arbeitgeberverbände
- Forschungsinstitute
- Think-Tanks
- Verschiedene NGOs
Wie wird der Arbeitsmarkt zu einem Ökosystem?
Auf einem Markt tauschen wir Geld gegen Ware oder Dienstleistungen. Auf dem Arbeitsmarkt tauschen wir Arbeitskraft gegen Geld. Ein Ökosystem geht über diesen einfachen Handel hinaus:
Langfristige Beziehungen
Die Teilnehmenden arbeiten nicht nur kurzfristig zusammen, sondern entwickeln langfristige Partnerschaften.
Beispiel: Eine Logistikfirma setzt neu auf Roboter für die Lagerbewirtschaftung. Anstatt die Mitarbeitenden zu entlassen, gibt ihnen das Unternehmen die Möglichkeit, sich weiterzubilden, damit sie die Roboter «betreuen» können. Sie überwachen das System und beheben kleine Störungen.
Das Resultat: Die Mitarbeitenden und ihr Wissen bleiben im Unternehmen und sie nutzen weiterhin ihre Erfahrung.
Vernetzung – zusammen stark
Die Teilnehmenden sind nicht isoliert, sondern stark miteinander vernetzt, z.B. durch eine Plattform oder regen Informationsaustausch.
Gemeinsame Wertschöpfung
Wertschöpfung entsteht nicht nur durch den direkten Austausch von Arbeit gegen Geld, sondern durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten und Innovation innerhalb des Netzwerks.
Beispiel: Ein Gesundheitsunternehmen entwickelt mit einer Weiterbildungseinrichtung und einer NGO ein Schulungsprogramm für Pflegefachpersonen zur Nutzung von Telemedizin. Die NGO bringt Praxiswissen ein, die Weiterbildungseinrichtung stellt Kurse bereit, und das Unternehmen kümmert sich um die Finanzierung.
Das Resultat: Pflegefachpersonen erwerben neue Skills, die Patientenversorgung wird effizienter, und alle Beteiligten profitieren durch Innovation und stärkere Netzwerke.
Interdependenz – abhängig voneinander
Der Erfolg von Teilnehmenden hängt stark von der Leistung anderer ab, z.B. durch die Möglichkeit, sich neue Skills in einem Job anzueignen oder indem Arbeitgeber auf die Skills von Fachkräften angewiesen sind (vgl. Fasnacht Daniel, Offene und digitale Ökosysteme, 2023).
3 Gründe, warum die Schweiz ein Arbeitsmarkt-Ökosystem braucht
- Fachkräftemangel beheben: In der Schweiz gibt es rund 50 bis 100 Berufe, in denen es an Fachkräften mangelt – zum Beispiel im Gesundheitswesen oder in der IT. Wenn das System gut vernetzt ist, können diese Lücken leichter geschlossen werden. Das gelingt nicht nur durch das Einstellen neuer Mitarbeitender, sondern auch durch Schulungen der bestehenden Mitarbeitenden oder durch temporäre Unterstützung von externen Experten.
- Mismatch reduzieren: Im 4. Quartal 2024 gab es in der Schweiz ca. 250’000 offene Stellen (Jobradar x28 AG). Gleichzeitig stieg die Arbeitslosenquote in den letzten Jahren gemäss SECO stetig. Dieses Missverhältnis ist nicht zuletzt ein Resultat einer Rekrutierung, die sich sehr stark auf fixe Rollen und Berufsbilder fokussiert. Ein Ökosystem, das auf Skills basiert, könnte helfen, Menschen und Unternehmen besser zusammenzubringen.
- Den Wandel der Arbeitswelt meistern: Aufgrund der schnellen Entwicklung neuer Technologien müssen Menschen häufig und rasch neue Skills erlernen und bestehende ausweiten. Darüber hinaus müssen auch Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen ständig anpassen. Ein flexibles System ist dafür notwendig, das sowohl Arbeitgebenden als auch Arbeitnehmenden klare Perspektiven bietet.
Die Vorteile eines Arbeitsmarkt-Ökosystems für verschiedene Teilnehmende
Vorteile für Arbeitgeber
- Zugang zu passenden Mitarbeitenden: Durch ein vernetztes System können Unternehmen leichter passende Mitarbeitende finden.
- Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Ein flexibler Arbeitsmarkt ermöglicht es Arbeitgebern, rasch auf wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren und die Personalstrategie entsprechend anzupassen.
- Förderung von Innovation: Die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen und Forschungseinrichtungen innerhalb des Ökosystems unterstützt Unternehmen dabei, innovative Lösungen zu entwickeln und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Vorteile für Arbeitnehmende
- Erhöhte Arbeitsmarktfähigkeit: Durch kontinuierliche Weiterbildung und Qualifizierung innerhalb des Ökosystems können Arbeitnehmende ihre Fähigkeiten erweitern und ihre Beschäftigungsfähigkeit steigern.
- Verbesserte Arbeitsbedingungen: Ein transparenter und regulierter Arbeitsmarkt trägt dazu bei, faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.
- Vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten: Ein dynamisches Arbeitsmarkt-Ökosystem bietet Zugang zu einer breiten Palette von Jobangeboten in verschiedenen Branchen und Regionen und mit den passenden Bedingungen.
Vorteile für Bildungseinrichtungen
- Praxisnahe Ausbildung: Durch die enge Zusammenarbeit mit Unternehmen können Bildungseinrichtungen ihre Lehrpläne an die aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes anpassen und somit die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Absolventen erhöhen.
- Förderung von Forschung und Entwicklung: Partnerschaften innerhalb des Ökosystems ermöglichen es Hochschulen und Forschungseinrichtungen, innovative Projekte zu realisieren und den Wissenstransfer in die Praxis zu fördern.
Vorteile für Politik und Gesellschaft
- Effiziente Arbeitsmarktpolitik: Ein gut funktionierendes Arbeitsmarkt-Ökosystem erleichtert es, Arbeitsmarktstrategien zu entwickeln und umzusetzen, die sowohl den Bedürfnissen der Wirtschaft als auch der Gesellschaft gerecht werden.
- Stärkung der Wirtschaft: Durch die Förderung eines stabilen und flexiblen Arbeitsmarktes tragen wir zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand des Landes bei.
- Unterstützung des ökologischen Wandels: Ein dynamisches Arbeitsmarkt-Ökosystem kann den Übergang zu umweltfreundlichen Wirtschaftszweigen erleichtern, indem es «grüne» Arbeitsplätze bzw. «grüne» Skills (z.B. Kenntnisse in erneuerbaren Energien oder Umweltmanagement) fördert und somit zur ökologischen Nachhaltigkeit beiträgt.
- Förderung der sozialen Integration: Durch die Transparenz der vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten und Hervorhebung der Skills aller Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft, trägt ein Ökosystem dazu bei, dass bisher übersehene Gruppen ihren Weg in den Arbeitsmarkt finden.
Das Skills-basierte Arbeitsmarkt-Ökosystem
Was macht ein Skill-basiertes Arbeitsmarkt-Ökosystem so besonders?
- Skills-basiertes Matching: Anstelle von Jobtiteln werden Skills und Werte in den Vordergrund gestellt. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitnehmende und Unternehmen besser zusammenpassen und führt zu langfristigen Kooperationen.
- Chancengleichheit und Datenschutz: Eine Harvard-Business-School-Studie zeigt, dass 88% der Kandidat/innen mit den benötigten Fähigkeiten nicht berücksichtigen, weil ihre Lebensläufe nicht einem gewünschten Standard entsprechen. Skills-basiertes Matching ermöglicht, dass persönliche Daten, wie Name, Alter, Geschlecht oder Herkunft, weggelassen werden können. So wird die Diskriminierung von bestimmten Gruppen reduziert. Ausserdem wird die Datenschutz-Thematik aus dem Weg geräumt.
- Effiziente Rekrutierung: Gemäss einer Umfrage von Test-Gorilla geben 90% der befragten Unternehmen an, dass sie Fehleinstellungen mit Skills-basierter Rekrutierung reduzieren konnten. 81% sagten, sie konnten die Time-To-Hire reduzieren.
- Passende Weiterbildungen: Im Arbeitsmarkt-Ökosystem ist der Zugang zu allen passenden Weiterbildungsangeboten gegeben. Basierend auf den Laufbahnwünschen und den noch fehlenden Skills werden Ökosystem-Teilnehmende dabei unterstützt, sich neue Skills anzueignen.